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Protestanten und Katholiken

Zwei Konfessionen, eine Gemeinde?

Ökumene

Ökumene

Der evangelische Landesbischof Ralf Meister aus Hannover hält Kirchengemeinden mit evangelischen und katholischen Christen in der Zukunft für möglich. Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung möchte gerne an den Punkten weiterarbeiten, die bislang die Konfessionen trennen.

Der hannoversche Landesbischof Ralf Meister hält Kirchengemeinden mit evangelischen und katholischen Christen unter einem Dach in Zukunft für möglich. „Viele Menschen fragen schon heute nicht mehr danach, ob jemand evangelisch oder katholisch ist, sondern nur, ob er Christ oder Christin ist“, sagte er im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst.

„Alle Christen sind aufgefordert, das Evangelium zu bezeugen“

Der katholische Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer begrüßte die Überlegungen seines evangelischen Amtskollegen. „Ich bin der festen Auffassung, dass es zwischen den beiden großen deutschen Kirchen viel mehr Verbindendes als Trennendes gibt“, sagte Wilmer dem epd.

„Wir alle sind als Christinnen und Christen aufgefordert, das Evangelium zu bezeugen und zu verkünden“, betonte Wilmer. „Wie wir in der Seelsorge gemeinsame Wege gehen können, ist eine richtige und wichtige Frage für die Zukunft. Damit werden wir uns in der Ökumene ganz sicher weiter befassen.“

Man kann den Wunsch „ruhig mal äußern“

Meister hatte angeregt, zu überlegen, was die beiden Kirchen künftig gemeinsam tun könnten – „bis hin zur Gründung von reinen ökumenischen Gemeinden“. Das sei zwar ein ferner Wunsch, „aber man kann ihn ja ruhig mal äußern“, sagte er. Es sei zurzeit noch völlig offen, wie solche Gemeinden aussehen könnten: „Wir sind einfach noch nicht so weit und haben unsere Differenzen, zum Beispiel mit dem Abendmahl.“ Nötig seien Initiativen, die beide Kirchen herausforderten: „Ich glaube, das wird für die Zukunft des Christentums in unserem Land sehr entscheidend sein.“

Gemeinden ohne Pastor und Kirchengebäude – nur mit Prädikant

Auch für seine eigene Landeskirche, die größte in Deutschland, wünscht sich Meister neue und kreative Formen. Er denke dabei an Gemeinden, die sich nur für einen begrenzten Zeitraum zusammenfänden, womöglich ohne Pastor und Kirchengebäude, nur mit einem ehrenamtlich beauftragten Prädikanten.

Sind soziale Medien Gemeinden?

 „Warum soll es nicht auch eine reine, allein von Jugendlichen konzipierte und getragene Jugendkirche geben oder eine international geprägte Gemeinde? Solche Initiativen könnten wir sofort aufnehmen und finanziell unterstützen“, betonte der Theologe. Auch in den sozialen Medien geschehe Verkündigung und Seelsorge: „Ist das nicht auch schon Gemeinde?“

Auch andere Gemeindeformen akzeptieren

Er halte eine solche Entwicklung in den nächsten 20 bis 30 Jahren für möglich, sagte Meister. „Sie wird natürlich für diejenigen unter uns, die wir die Kirche als Institution repräsentieren, erst einmal schwierig und schmerzhaft sein.“ Doch in der im vergangenen Jahr verabschiedeten neuen Kirchenverfassung der hannoverschen Landeskirche seien die entsprechenden Voraussetzungen dafür geschaffen worden. „Mein Wunsch ist, unsere Verfassung so offen und liberal auszulegen, dass auch andere Gemeindeformen in unserer Kirche akzeptiert werden“, betonte der Bischof: „Das würde auch uns neu beleben.“

Kirchenpräsident Jung: Gemeinsame Aufgaben gemeinsam angehen

Auch Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung sieht bei den beiden Kirchen mehr Verbindendes als Trennendes. Vielerorts werde eine gute ökumenische Gemeinschaft gelebt, die zwar nicht rechtlich, aber im Erleben für die Menschen christliche Gemeinde sei. Als Beispiel nannte Jung auf Anfrage der Evangelischen Sonntags-Zeitung die Hilfe für Flüchtlinge. Dort arbeiten evangelische und katholische Gemeinden vielfach zusammen.

Es lohne sich immer, darüber nachzudenken, „wie gemeinsame Aufgaben in der Gesellschaft gemeinsam angegangen werden können“, sagte Jung und bezeichnete Modelle wie das Ökumenische Gemeindezentrum im Darmstädter Stadtteil Kranichstein oder das Begegnungszentrum »Pax & People« im Frankfurter Europaviertel als „wegweisend“.

Das Abendmahlsverständnis trennt die Kirchen

Weitergearbeitet werden müsse an den Punkten, an denen sich katholische und evangelische Kirche heute noch unterscheiden, sagte Jung. Vor allem das Abendmahlsverständnis trennt die Kirchen, er sehe aber „große Möglichkeiten, besser zueinanderzufinden“. Weitere prägende Unterschiede gibt es in der Rolle der Frau in den beiden Kirchen und auch in der Rolle von Nicht-Ordinierten.

Glaube an Christus verbindet

Gemeinsam sei den Kirchen aber das Entscheidende, betonte der Kirchenpräsident: „Wir glauben, in Christus miteinander verbunden zu sein.“ Deshalb laute für ihn die entscheidende Frage, wie Christinnen und Christen die Einheit in Vielfalt miteinander leben können? „Wir müssen dazu nicht eine Kirche werden und auch nicht überall eine Gemeinde vor Ort. Aber wir können gemeinsam in Wort und Tat in dieser Welt leben, was wir durch Jesus Christus glauben, nämlich, dass Gottes Liebe allen Menschen gilt.“


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